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Anwohnerparken in BerlinZieht sich doch noch ein bisschen

Schwarz-Rot wollte längst die Erhöhung der spottbilligen Gebühren für das Anwohnerparken beschlossen haben – vielleicht klappt es ja noch bis zur Wahl.

Keine Angst: Niemand hat die Absicht, auch für Lastenräder Vignetten zu verkaufen Foto: Thomas Trutschel/imago

Aus Berlin

Claudius Prößer

Sollte es ein sogenanntes Machtwort sein, ist das nach hinten losgegangen: Anfang November verkündete der Regierende Bürgerrneister Kai Wegner (CDU), er wolle die jahrelange Hängepartie um eine moderate Anhebung der Parkgebühren für AnwohnerInnen beenden und noch im Rahmen der laufenden Haushaltsverhandlungen zu einem Ergebnis kommen. Schnell zeichnete sich aber ab, dass er unterschätzt haben könnte, wie zäh das Thema innerhalb der schwarz-roten Koalition verhandelt wird – während Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) sich offenbar in einer reinen Beobachterrolle sieht.

Jetzt dürfte es in diesem Jahr keinesfalls mehr etwas mit neuen Vignettenpreisen werden, wie der Tagesspiegel zuerst meldete. Der taz gegenüber bestätigte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf, ihm liege erst „seit knapp vier Wochen“ ein Konzeptentwurf der CDU-KollegInnen vor. In der vergangenen Woche habe erstmals ein gemeinsames Gespräch darüber stattgefunden. Weitere Treffen von VertreterInnen beider Fraktionen seien vereinbart.

Ohne auf die Inhalte des Entwurfs einzugehen, stellte Schopf klar, was die SPD von einer Ermäßigung für PendlerInnen hält, wie sie CDU-Fraktionschef Dirk Stettner schon mehrfach gefordert hat: „Wenn Berliner Pendler überall parken können, wäre das ja eine Art Flatrate. Das ist mit uns nicht zu machen.“ Ja, der ÖPNV habe seine Herausforderungen, „aber das Ziel muss doch sein, dass weniger Auto gefahren wird. Die Magistralen sind im Berufsverkehr jetzt schon voll – und wo sollen denn die ganzen Autos innerhalb des S-Bahn-Rings stehen?“

Schopf erinnerte daran, dass sich die SPD bei ihrer letzten Fraktionsklausur auf einen Vignettenpreis von 160 Euro im Jahr verständigt hatte. Das wäre einerseits eine fast 16-fache Erhöhung der aktuellen Vignettengebühr für AnwohnerInnen, die 20,40 Euro für zwei Jahre kostet. Andererseits bietet Berlin mit diesem Preis im deutschen und europäischen Vergleich ein absolutes Schnäppchen – und fährt nicht einmal mehr ansatzweise die Verwaltungskosten von rund 40 Euro jährlich ein.

CDU wollte zuletzt ein Rabattsystem

Mit 160 Euro liegt die SPD erstaunlich weit vorne im Rennen: Selbst der BUND spricht aktuell eher über eine Erhöhung auf 120 Euro, und die Grünen halten sich in offiziellen Statements mit konkreten Zahlen ganz zurück. Für die CDU hatte Bondes Vorgängerin im Senatorinnenamt, Manja Schreiner, Anfang 2024 einen Vorschlag gemacht, bei dem Vignetten-Berechtigte den Grundpreis von 60 Euro pro Jahr über diverse Rabatte auf unter 30 Euro hätten drücken können.

Laut Tino Schopf sollten die steigenden Einnahmen zweckgebunden sein – etwa für Verbesserungen von Fuß- oder Radwegen. Auch ihm dürfte aber klar sein, dass die SozialdemokratInnen große Zugeständnisse an den Koalitionspartner machen müssen, wenn sie noch vor der Wahl im September einen Erfolg vorweisen wollen. „Das Mindeste müssten die 42 Euro sein, die das Land jetzt an Verwaltungskosten hat“, so der Sprecher deshalb. „Ein Verlustgeschäft können wir uns in diesen Zeiten wirklich nicht leisten.“

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